16. Juli 2020

Fallstricke bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments

Teil 2: Auswirkungen des Güterstandes

In Teil 1 der „Fallstricke bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments“ haben wir thematisiert, weshalb es wichtig ist, dass die Ehegatten daran denken, auch eine Regelung für den ersten Erbfall zu treffen. Bei der Annahme der länger lebende Ehegatte würde automatisch Alleinerbe, handelt es sich um einen Irrglauben. Einer der Gründe für diesen Irrglauben ist, dass die Ehegatten annehmen, aufgrund der Ehe würde Ihnen alles „gemeinsam gehören“. Dass das nicht so ist, und welche Auswirkungen der Güterstand auf das Erbrecht hat, werden wir jetzt unter die Lupe nehmen.

Welche Güterstände gibt es?

Im deutschen Recht kennen wir drei Güterstände, die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Der gesetzliche Güterstand ist die Zugewinngemeinschaft. D.h. haben Sie keinen Ehevertrag geschlossen, gelten für Ihre Ehe die Regelungen zum Zugewinn.

Der Güterstand der Gütertrennung wird mit abnehmender Tendenz, aber immer noch regelmäßig ehevertraglich vereinbart. Der Güterstand der Gütergemeinschaft spielt eine eher untergeordnete Rolle.

Welche Rolle spielen die Güterstände im Erbrecht?

Auch, wenn die Annahme, dass der überlebende Ehegatte aufgrund des Güterstandes Alleinerbe wird falsch ist, spielen die Güterstände eine entscheidende Rolle bei der Ermittlung der gesetzlichen Erbfolge. Grundsätzlich erbt der überlebende Ehegatte neben gemeinsamen Kindern nur zu 1/4. Für die Güterstände der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung bestehen allerdings Sonderregelungen. Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebende Ehegatten pauschal um 1/4, die gesetzliche Erbquote beträgt also 1/2. Im Güterstand der Gütertrennung erbt der überlebende Ehegatte mit bis zu 2 Kindern zu gleichen Teilen, bei mehr als zwei Kindern 1/4.  Das bedeutet für eine Familie mit 2 Kindern beim Tod des ersten Ehegatten folgendes:

Gütergemeinschaft: Ehegatte 1/4, K1 und K2 je 3/8

Gütertrennung: Ehegatte, K1 und K1 je 1/3

Zugewinngemeinschaft: Ehegatte 1/2, K1 und K2 je 1/4

Natürlich lässt sich die Erbfolge im gemeinschaftlichen Testament anders bestimmen. Am häufigsten setzen sich die Ehegatten zu Alleinerben und dann die Kinder als Schlusserben ein. Dennoch bleibt der gesetzliche Güterstand von Bedeutung.

Auswirkungen des Güterstandes auf das Pflichtteilsrecht

Vergessen wird oft, dass sich zwar die Kinder aus der Erbfolge nach dem Erstversterbenden ausschließen lassen, der Pflichtteil aber bleibt. Der Pflichtteil ist anhand der gesetzlichen Erbfolge zu ermitteln, d.h. der Güterstand wirkt sich aus. Am obigen Beispiel lässt sich zeigen, wie:

Gütergemeinschaft: Pflichtteil K1 und K2 je 3/16, d.h. zum Vergleich je 9/48

Gütertrennung: Pflichtteils K1 und K2 je 1/6, zum Vergleich je 8/48

Zugewinngemeinschaft: Pflichtteils K1 und K2 je 1/8, zum Vergleich je 6/48

Sollen die Kinder „nur“ den Pflichtteil erhalten, sollte also der Güterstand bei der Errichtung des Testaments überpfrüft und ggf. angepasst werden.