8. September 2020

Wucherkaufpreise im Grundstückskaufvertrag

Wann kann der Kaufpreis trotz Vereinbarung zwischen den Parteien sittenwidrig sein?

Im deutschen Recht gilt der Grundsatz der Privatautonomie und damit der Vertragsfreiheit.
Kaufpreise können grundsätzlich frei verhandelt werden. Allerdings gibt es auch hier Grenzen. Wucher, als Form der so genannten Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB), ist eine davon.
In einem bereits etwas zurück liegenden Fall des BGH hatte der Verkäufer einer Eigentumswohnung diese zu einem Preis von 53.000,-€ erworben. Nur zwei Monate später verkaufte er die gleiche Wohnung für mehr als den doppelten Preis, nämlich 118.000,-€. Der Käufer (und Kläger) holte nach dem Kauf ein privates Verkehrswertgutachten ein; die Wohnung wurde auf 61.000,-€ geschätzt. Der Käufer erhob Klage gegen den Verkäufer und verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Der Kaufpreis sei viel zu hoch gewesen und damit sittenwidrig.

Grundsatz: Ein Geschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist sittenwidrig

Gemäß § 138 I BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen die guten Sitten verstößt.
Dies gilt nach § 138 II BGB insbesondere dann, wenn jemand sich unter Ausnutzung einer Zwangslage […] eine Leistung versprechen lässt, die in einem groben Missverhältnis zur Leistung steht.
Zu dem objektiven Umstand des Missverhältnisses muss also ein subjektiver Umstand im Sinne einer verwerfliche Gesinnung dazu kommen.

Der BGH (BGH 24.01.2014 – V ZR 249/12), wies die Sache an die Vorinstanz zurück, da sie nach Ansicht des BGH noch nicht entscheidungsreif war. Dabei wurde folgender Grundsatz aufgestellt:

„Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten erlaubt, liegt bei Grundstückskaufverträgen erst ab einer Verkehrswertüber – oder Unterschreitung von 90% vor.“

Grobes Missverhältnis

Vom einem besonders groben Missverhältnis kann bei Grundstücksgeschäften also erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist, wie der Wert der Gegenleistung. Unter Umständen kann dann auch von einer verwerfliche Gesinnung des Begünstigten ausgegangen werden, allerdings muss dies von dem Kläger vorgetragen werden.

Im Ergebnis ist also mit dem mittlerweile umgangssprachlichen Begriff „Wucher“ vorsichtig umzugehen. Die Schwelle ist recht hoch.