Wenn „Nacherbe“ nicht das bedeutet, was man denkt – Vorsicht bei Testament-Formulierungen
Missverständliche Klassiker im Testament
In vielen handschriftlichen Testamenten finden sich Formulierungen wie:
„Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein, Nacherben nach dem Tod des Längstlebenden sind unsere gemeinsamen Kinder.“
Das klingt zunächst nachvollziehbar. Tatsächlich ist die Verwendung der Begriffe juristisch aber unklar und sogar widersprüchlich.
Vor- und Nacherbschaft – ein fest definiertes Konzept
Vor- und Nacherbschaft sind im Erbrecht definiert: Der Vorerbe erhält den Nachlass nicht endgültig, sondern nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – meist bis zu seinem Tod. Danach geht der Nachlass an die Nacherben über. Der Vorerbe darf also nicht frei über das Erbe verfügen und muss es getrennt vom eigenen Vermögen verwalten.
Allein- und Schlusserbschaft – ein ganz anderer Fall
Demgegenüber steht die sogenannte Allein- und Schlusserbschaft: Der zunächst allein erbende Ehegatte erhält das Erbe uneingeschränkt. Wer Schlusserbe wird – also nach dem länger lebenden Ehepartner erbt – steht oft erst dann endgültig fest, wenn der länger lebende Ehepartner verstorben ist.
Problematische Folge: Was war wirklich gemeint?
Wird im Testament nicht klar zwischen diesen beiden Konzepten unterschieden, entsteht im Erbscheinverfahren häufig Unsicherheit. Das Nachlassgericht muss dann auslegen, was gewollt war – und das kann dazu führen, dass der überlebende Ehepartner als Vorerbe behandelt wird, obwohl er oder sie eigentlich Alleinerbe sein sollte.
Fazit: Besser mit Beratung
Um Missverständnisse und unerwünschte Auslegungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine juristisch fundierte Beratung bei der Testamentserrichtung. Nur so wird sichergestellt, dass der letzte Wille auch tatsächlich das bedeutet, was er ausdrücken soll.