Vorsicht beim Linksabbiegen
Jeder Autofahrer kennt es: Nach langer Suche findet man einen Parkplatz. Aber auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Die Situation wird jeder Autofahrer schon einmal erlebt haben: man hat endlich eine freie Parklücke gefunden – leider auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Also schnell den linken Blinker gesetzt, die Bremse betätigt, den Fokus auf den Parkplatz gelegt und … in der Sekunde, in der man rüber ziehen möchte, überholt plötzlich von hinten ein Fahrzeug. Nicht selten führt diese Konstellation zur Kollision. Und schon bricht der Streit über die Schuldfrage los.
Schuld hat der Überholende, immer, oder?
Aber die ist ja einfach zu beantworten: Schuld kann ja nur der Überholende haben.
Oder auch nicht. Denn nicht nur der Überholende muss eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen, sondern auch der Abbiegende. Dem Abbiegenden wird häufig ein Verstoß gegen die „zweite Rückschaupflicht“ (Schulterblick) vorgeworfen – sonst hätte er den Überholenden ja gesehen. Der Überholende muss sich vorwerfen lassen, wenigstens bei unklarer Verkehrslage überholt zu haben.
In der Regel gehen „normale“ Unfälle eines Linksabbiegers (in eine andere Straße) mit einem Überholenden im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Überholenden aus. Wenn der Linksabbieger dagegen in eine Grundstückseinfahrt abbiegen möchte, trifft ihn eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Das kann zu einer Erhöhung seines Verschuldensanteils auf 1/2 bis 2/3 bedeuten, weil der nachfolgende Verkehr weniger mit einem Abbiegen rechnet.
Verschiebung der Haftungsgrenzen
Diese Haftungsgrenzen verschieben sich aber im Einzelfall. So wird seitens des Überholenden gern behauptet, der Abbiegende habe gar nicht geblinkt. Man sei davon ausgegangen, er habe am rechten Straßenrand halten wollen und dergleichen. Oder der Überholende, bzw. seine Überholabsicht, sei im Zeitpunkt de Schulterblicks noch gar nicht zu erkennen gewesen.
Um in der Haftungsfrage keine Nachteile zu erleiden, sollte man direkt nach dem Unfall nach Zeugen Ausschau halten und gegebenenfalls die Polizei rufen. Die Polizei nimmt in der Regel bei unklaren Haftungsfragen den Unfall auf. Die Beamten haben zwar den Unfall nicht selbst gesehen, können aber die Angaben beider Fahrer zum Unfallhergang – sofern welche getätigt werden, aufnehmen, sowie gegebenenfalls vorhandene Zeugen zum Unfallhergang befragen. Das hat den Vorteil, dass die Erinnerungen der Zeugen direkt nach dem Unfall noch frisch sind.
Außerdem sollten Sie für die Auseinandersetzung mit der gegnerischen Versicherung jemanden beauftragen, der sich damit auskennt: Sprechen Sie uns an, wenn Sie einen Unfall hatten. Wir helfen Ihnen.
Timm Schmoock
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Verkehrsrecht