Urlaubsabgeltung steht auch dem Erben zu
Stirbt ein Arbeitnehmer, haben seine Erben Anspruch auf Abgeltung seines nicht mehr genommenen Urlaubs
Jedem Arbeitnehmer steht für seine Erholung im Kalenderjahr eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen zu, der Urlaubsanspruch. Ist es ihm in dem Zeitraum ganz oder teilweise nicht möglich, diese Urlaubstage auch zu nehmen, kann ein Anspruch auf deren Vergütung mit dem vertraglich vereinbarten Entgelt bestehen, der sog. Urlaubsabgeltungsanspruch.
Wie ist es nun, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Jahr verstirbt und bis dahin den gesetzlich oder tariflich zustehenden Urlaub noch nicht genommen hat? Verfällt er oder können die Erben des Mitarbeiters vom Arbeitgeber eine Abgeltung beanspruchen?
BAG contra EuGH
Bis zum vergangenen Jahr entsprach es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG), den Erben den Anspruch zu versagen. Es erkannte eine Abgeltung zugunsten der Erben nur an, wenn bereits in der Person des verstorbenen Mitarbeiters ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung entstanden war. Der Arbeitnehmer musste also das Ende seines Beschäftigungsverhältnisses erlebt haben. Stand ihm zu diesem Zeitpunkt noch ein Urlaubsanspruch zu, wandelte sich dieser in einen Abgeltungsanspruch um, welcher auch auf die Erben übergehen konnte. Ist hingegen das Beschäftigungsverhältnis durch den Tod des Mitarbeiters beendet worden, gingen die Erben leer aus. Dies mit dem Argument, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers dessen Urlaubsansprüche als höchstpersönliche Ansprüche untergegangen seien, sodass keine Umwandlung mehr erfolgen könne.
Demgegenüber hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits im Jahre 2014 eine Vererbbarkeit von Urlaubsabgeltungsansprüchen dem Grunde nach bejaht und festgestellt, dass entgegenstehende nationale Regelungen mit Europarecht nicht vereinbar seien (Urt. v. 12.6.2014, Az.: C-118/13, „Bollacke“). Hiervon unbeeindruckt hielt das BAG zunächst an seiner abweichenden Auffassung fest und argumentierte mit den Besonderheiten des deutschen Erbrechts und der entgegenstehenden Norm des § 7 Abs. 4 BUrlG. 2018 hat der EuGH die bisherige Rechtsprechung des BAG erneut für unionrechtswidrig qualifiziert (Urt. v. 6.11.2018, Az. C-569/16 und C-570/16).
BAG lenkt ein
Hiernach lenkte das BAG ein und änderte seine Rechtsprechung. Es gewährt nunmehr auch den Erben des bei bestehendem Arbeitsverhältnis verstorbenen Arbeitnehmers in unionrechtskonformer Auslegung der deutschen Gesetze die Urlaubsabgeltung (Urt. v. 22.01.2019, Az. 9 AZR 45/19). Geklagt hatte eine Alleinerbin, derem Mann zum Zeitpunkt des Versterbens noch 25 Urlaubstage einschließlich Zusatzurlaub zustanden. Die Witwe verlangte die Abgeltung des gesamten Resturlaubes. Zugleich stellte das BAG klar, dass der auf den Erben übergegangene Abgeltungsanspruch auch den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen sowie tarifliche Urlaubsansprüche erfasse, welche den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen.
Es ist also festzuhalten, dass der Urlaubsanspruch selbst zwar ein höchstpersönlicher des Arbeitnehmers ist, weil er gerade dessen Erholung dient. Mit seinem Tod wandelt er sich aber in einen Zahlungsanspruch um, welcher als einfache Forderung vom Erben gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des Verstorbenen geltend gemacht werden kann.
Es erhöht im Übrigen die Erbmasse selbst, sodass die geänderte Rechtsprechung auch dem enterbten Pflichtteilsberechtigten zugutekommen kann, dessen Anspruch sich nach der Höhe des Nachlasses richtet.
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