Unfall zwischen Pferd und Fahrrad
Tierhalterhaftung vs. Straßenverkehrsordnung
Das Landgericht Frankenthal hatte sich kürzlich mit einer Abwägung zwischen der Tierhalterhaftung einerseits und den allgemeinen Verkehrsregeln andererseits zu befassen. Was war passiert?
Der Fahrer eines sog. Liegefahrrads wollte zwei Pferde überholen, deren Reiterinnen verbotswidrig der Fahrradweg benutzen. Dabei hielt er nur einen Abstand von ca. 40 Zentimetern ein. Beim Überholen schlug eines der Pferde mit den Hufen aus, der Radfahrer kam zu Sturz. Er Erlitt Prellungen, Schürfwunden und eine Verletzung an der Hand.
Das Gericht bestätigte grundsätzlich eine Haftung der Pferdehalterin. Vor dem Hintergrund der Tierhalterhaftung hat der Tierhalter dem Grunde nach für sämtliche Schäden einzustehen, die das Tier verursacht. Sie konnte sich hier auch nicht entlasten, weil sie wusste, dass das Pferd auf dem Radweg, der nur für Radfahrer zugelassen war, geritten wird.
Allerdings attestierte das Gericht dem Radfahrer ein nicht unerhebliches Mitverschulden. Nach Auffassung des Gericht gilt für Radfahrer beim Überholen von Pferden eine besondere Sorgfaltspflicht. Diese hatte er missachtet.
Die Richter führen aus: Für Radfahrer gelten die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zum Überholen auch dann, wenn sich – wie hier – verbotswidrig Pferde auf dem Radweg befinden. Da bei einem Pferd immer mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise gerechnet werden müsse, sei ein Sicherheitsabstand von einem Meter hier nicht ausreichend. Es hätte ein Abstand von wenigstens eineinhalb bis 2 Metern eingehalten werden müssen. Zudem habe sich der Radfahrer nicht mit den Reiterinnen über das Überholen verständigt, obwohl ihm dies unproblematisch möglich gewesen wäre.
Im Ergebnis erhielt der Radfahrer den ihm entstandenen Schaden nur zu 50% ersetzt.
(Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 05.06.2020, Az. 4 O 10/19, z.Ztp. der Veröffentlichung noch nicht rechtskräftig)