5. Mai 2020

Trennung und Ehewohnung

Wer muss ausziehen, wer bleibt in der Wohnung?

Wenn Eheleute zu dem Entschluss kommen, sich zu trennen und diese Trennung auch räumlich durchführen möchten stellt sich die Frage, wer von beiden ausziehen soll. Bereits über diesen Punkt können sich trennungswillige Ehegatten häufig nicht verständigen, jedenfalls immer dann, wenn beide gerne in der Ehewohnung weiter wohnen möchten. Dies mag im Einzelfall angenehmer sein; die Ehewohnung ist eingerichtet, man kennt die Nachbarn und hat gegebenenfalls nur einen günstigen Mietzins zu bezahlen. Zudem sind die Kinder in der Nachbarschaft sozial integriert und auch die Schule ist schnell erreicht. Es stellt sich also die Frage, wie diese Frage rechtlich zu bewerten ist und ob ein Ehegatte gegen seinen Willen gezwungen werden kann, aus der Ehewohnung auszuziehen.

Auszug gegen den eigenen Willen nur unter engen Voraussetzungen

Gesetzlich ist geregelt, dass ein Ehegatte vom anderen Ehegatten – unabhängig davon, ob bereits ein Scheidungsverfahren anhängig ist oder nicht – verlangen kann, dass der andere ihm die Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Benutzung überlässt, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Im Gesetz sind die beiden wichtigsten Tatbestände einer unbilligen Härte genannt, es handelt sich um die Anwendung von Gewalt und die Beeinträchtigung des Kindeswohls.

 Gefährdung des Kindeswohls

Bei der Frage, wann denn das Kindeswohl denn beeinträchtigt ist wäre darauf abzustellen, ob ein erträgliches auskommen der Familie unter einem Dach trotz der erklärten Trennung noch möglich ist. Kinder haben grundsätzlich das Bedürfnis an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation. Gegenüber diesem grundsätzlichen Bedürfnis von Kindern hat das Interesse eines Ehegatten auf Verbleib in der Wohnung zurückzutreten. Also immer dann, wenn die Stimmung zwischen dem Ehemann und der Ehefrau derart spannungsgeladen und eventuell sogar vergiftet ist kann man davon ausgehen, dass das Kindeswohl durch einen gleichzeitigen Verbleib der Eltern in der Wohnung gefährdet wäre. In diesem Fall bleiben die Kinder in der Wohnung mit dem Elternteil, der besser für sie sorgen kann. Bei der Beurteilung dieser Frage ist entscheidend, wer sich von den Eltern bisher maßgeblich um die Erziehung und die Betreuung der Kinder gekümmert hat und dies auch in Zukunft entsprechend sicherstellen kann.

Anwendung von Gewalt

Der Aspekt „Gewalt“ meint nicht nur die Anwendung unmittelbarer körperlicher Gewalt, sondern auch die Bedrohung ist damit gemeint, da eine solche dem Ehepartner derart belasten kann, dass ihm die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft letztlich nicht mehr zuzumuten ist.

Wenn jetzt ein Elternteil zu dem Entschluss gelangt, dass diese Gesichtspunkte allesamt für ihn zutreffen und der andere Elternteil sich trotzdem nicht überzeugen lässt und sich weigert, die Ehewohnung freiwillig zu verlassen, so kann ein Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens beim zuständigen Familiengericht anhängig gemacht werden. Ein solcher Antrag auf vorläufige Zuweisung der Ehewohnung kann von jedem Elternteil eingereicht werden.

Zuständigkeit von Familiengericht und Jugendamt

Der mit der Entscheidung befasste Familienrichter beurteilt dann mit der Unterstützung des zuständigen Jugendamtes, die zu solchen gerichtlichen Verfahren hinzugezogen werden die sich darbietende Gesamtsituation nach dem vorstehend geschilderten rechtlichen Prüfungsschritten. Wenn das Familiengericht zu einem abschließenden Ergebnis kommt und sich die Eltern trotzdem nicht einigen können weist das Gericht dem besser geeigneten Elternteil die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zu und verpflichtet den anderen Elternteil zur Räumung innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Räumungsfrist. Wichtig ist für ein solches durchzuführendes Gerichtsverfahren, das pauschale Behauptungen von Gewalt oder Bedrohung oder der Gefährdung des Kindeswohls nicht ausreichen. Der die Räumung des anderen Ehegatten betreibende Ehegatte muss detailliert, exakt und genau erklären, wann in welcher Form Dinge passiert sind oder Dinge drohen, die eine gerichtlich angeordnete Räumung des anderen Ehegatten gebieten.

Vorläufige Wohnungszuweisung

Wichtig ist ferner, dass der Vermieter bei einer vorläufigen Wohnungszuweisung für die Dauer des Getrenntlebens nicht zu beteiligen ist, da die familiengerichtliche Entscheidung nur das Innenverhältnis zwischen den Ehegatten regelt. Wichtig ist auch , dass die Vorschrift für nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht gilt; für eingetragene Lebenspartner gibt es eine entsprechende gesetzliche Vorschrift im Lebenspartnerschaftsgesetz.

Wenn eine Trennungsabsicht also feststeht und die ersten Gespräche unter den Eheleuten ergeben, dass beide in der Ehewohnung verbleiben möchten ist es sinnvoll, sich zeitnah den Rat eines Fachanwalts/einer Fachanwälten einzuholen und die sinnvollen zielführenden weiteren Schritte abzustimmen.

Sofern Sie Fragen zu diesem Themenkomplex haben oder eine Überprüfung in ihrer konkreten Lebenssituation benötigen, stehen wir Ihnen gern zur Seite. Setzen Sie sich solchenfalls mit unserem Büro in Verbindung, rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail.

Rechtsanwalt Stefan Schoreit

Fachwanwalt für Familienrecht