Stiefkindadoption ohne Trauschein
Auch unverheiratete Paare können jetzt Stiefkinder adoptieren
Der Formen des Zusammenlebens gibt es viele. Dass die „wilde Ehe“, die nichteheliche Lebensgemeinschaft, eine hervorragende und ausreichende Basis für eine gut funktionierende Familie sein kann, ist mittlerweile anerkannt, sowohl rechtlich als auch gesellschaftlich. Bis diese Normalität Eingang in die Gesetzgebung findet, braucht gelegentlich seine Zeit, ab und zu auch eines Anstoßes der Gerichte.
Ein Beispiel ist die sog. Stiefkindadoption, also die Annahme des Kindes des Partners als eigenes mit Begründung einer gemeinsamen Elternschaft. Nach bisheriger Rechtslage war sie der ehelichen Beziehung vorbehalten. Sie war also nur möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist. Ohne Trauschein hingegen keine Adoption des „Stiefkindes“. Diese Konstellation hat das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr als mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG nicht vereinbar und für verfassungswidrig erklärt (Beschluss v. 26.03.2019, Az. 1 BvR 673/17). Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis März dieses Jahres eine Neuregelung zu schaffen.
Diese ist jetzt zum 30.03.2020 mit Einfügung der neuen Vorschrift des § 1766a BGB in Kraft getreten. Hiermit wird nun auch nicht verheirateten Paaren die Möglichkeit der Adoption eines Kindes des Partners eröffnet. Voraussetzung hierfür ist aber, dass man in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt. Dabei konkretisiert der Gesetzgeber, welche Anforderungen für eine solche verfestigte Lebensgemeinschaft zu stellen sind. Erforderlich ist im Regelfall, dass man
- seit mindestens 4 Jahren oder
- als Eltern eines weiteren gemeinschaftlichen Kindes mit diesem
eheähnlich zusammenlebt, sofern nicht noch eine Ehe mit einem Dritten besteht. Im letztgenannten Fall wird regelmäßig, von Ausnahmekonstellationen abgesehen, eine Adoption (noch) nicht realisierbar sein.
Mit der gesetzlichen Neuregelung wird damit auch nichtehelichen Paaren der Weg zur Adoption eröffnet. Sie werden – wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert – in Bezug auf die Adoption eines „Stiefkindes“ Ehepaaren weitestgehend gleichgestellt.
Mit den formulierten Bedingungen will der Gesetzgeber sicherstellen, dass eine Adoption nur bei stabiler familiärer Situation möglich sein soll. Zur Wahrung des Kindeswohls werden diese Einschränkung zu akzeptieren sein. Man mag darüber streiten, ob die vom Gesetzgeber geforderte Dauer des Zusammenlebens wirklich notwendig ist. Auch kann sich die Frage stellen, wie der vom Gesetzgeber verwendete Begriff des „eheähnlichen“ Zusammenlebens zu verstehen ist. Teils wird nämlich eine verfestigte Lebensgemeinschaft von der Rechtsprechung, u.a. zu § 1579 Nr. 2 BGB (Unterhaltsbeschränkung wegen Zusammenlebens in neuer Beziehung), schon deutlich früher und vor Ablauf von vier Jahren angenommen. Es scheint absehbar, dass die Rechtsprechung für Klarstellung und Abhilfe sorgen muss. Es kann sich anbieten, den Rat eines Fachanwaltes für Familienrecht hinzuzuziehen.
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