19. Februar 2021

Karneval: Unfall mit betrunkenem Fußgänger – wer haftet?

(Kölner) Richter sind auch nur Jecken? Ein Autofahrer kollidiert zur Karnevalszeit nachts mit einem betrunkenen Fußgänger, der sich auf einer dunklen Bundesstraße befindet.

Mit diesem Fall mussten sich im Jahr 2020 die Kölner Gerichte beschäftigen. Während des Karnevals befand sich der spätere Kläger gegen Mitternacht zu Fuß auf einer Bundesstraße. Die Strecke befand sich in einem bewaldeten unbebauten Gebiet ohne Straßenbeleuchtung. Er wurde an der linken Körperseite von einem Fahrzeug angefahren, so dass zumindest klar war, dass sich der Fußgänger quer zur Fahrbahn befand. Zudem war mit einer Blutalkoholkonzentration von ca. 1,5 Promille nicht unerheblich angetrunken.

Für die infolge des Unfalls erlittenen Verletzungen verlangte er Schadensersatz von dem Pkw-Fahrer. Seiner Meinung nach hätte der Autofahrer ihn trotz der geschilderten Umstände rechtzeitig sehen müssen, wenn er ausreichend aufmerksam gewesen wäre. Auf jeden Fall hafte er aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs.

Der Autofahrer hielt dem entgegen, dass sich der Fußgänger grob verkehrswidrig verhalten habe und erst im letzten Moment auf die Straße getreten sei. Unglücklicherweise gab es keine unbeteiligten Zeugen des Unfalls.

Die Richter stimmten dem Kläger zu, dass das Verhalten des Fußgängers grob verkehrswidrig war. Allerdings ließ sich nicht aufklären, ob der Fußgänger tatsächlich die Straße erst im letzten Moment betreten hatte oder ob er sich schon länger dort befunden habe. Nur beim Betreten der Straße im letzten Moment hätte sich der Autofahrer vollständig entlasten können.

Nach Einschätzung der Richter haftet der Autofahrer daher aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs. Angesichts der Verkehrssituation und der zum Unfallzeitpunkt feuchten Fahrbahn hätte er besonders aufmerksam fahren müssen.

Die Richter ergänzten eine Erwägung, die möglicherweise nur in Köln oder anderen Hochburgen der 5. Jahreszeit denkbar sind. Denn sie argumentierten, dass ein Autofahrer zur Karnevalszeit mit alkoholisierten Fußgängern zu rechnen habe. Insgesamt bewerteten sie daher den Mitverschuldensanteil des Fußgängers „nur“ mit 25%.

Es bleib offen, ob sich so eine Beurteilung in der gesamten Republik durchsetzen wird oder ob es eine von vielen Besonderheiten der Karnevalshochburgen bleiben wird.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2020, Az. 11 U 274/19