25. März 2022

Illegale Autorennen: Als Mord strafbar?

Aufsehen erregte der Raserfall aus Berlin. Zwei Männer fuhren nachts ein illegales Autorennen auf dem Kurfürstendamm in Berlin. Einer der Fahrer kollidierte mit einem unbeteiligten Auto mit ca. 160-170 Kilometer pro Stunde. Der unbeteiligte Fahrer verstarb noch am Unfallort. Für den juristischen Laien war klar, dass es sich um Mord handelte. Auch das Gericht entschied im Fall des Rasers, der mit dem Unbeteiligten kollidierte: Es handelte sich tatsächlich um Mord. Aber wieso?

Zwischen Mord und Totschlag gibt es rechtlich erhebliche Unterschiede. Beide Delikte sind im Strafgesetzbuch geregelt und setzen voraus, dass ein anderer Mensch vorsätzlich getötet wird. Es handelt sich jedoch nur um Mord, wenn der Täter eines der in § 211 Abs. II StGB aufgeführten Mordmerkmale verwirklicht. Einige der Mordmerkmale beziehen sich auf den Täter, andere Mordmerkmale beziehen sich auf die Tat.

Ein Mord liegt vor, sofern der Täter aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier, aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, tötet (§ 211 Abs. II StGB).

Ausreichend ist es, wenn der Täter bei der vorsätzlichen Tötung ein Mordmerkmal aufweist.

Liegt bei der vorsätzlichen Tötung kein Mordmerkmal vor, handelt es sich um Totschlag.

Heimtückisch tötet der Täter, sofern er die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausnutzt. Es ist ausreichend, dass der Täter die hilflose Lage des Opfers erkennt und sich bewusst ist, die Ahnungslosigkeit des Opfers auszunutzen (BGH, Urteil v. 31.07.2014 – 4 StR 147/17). Das Landgericht hat aus der Situation geschlossen, dass das Opfer nicht erwartete, dass ein anderes Auto auftauchen würde. Das Opfer verließ sich auf das Grünlicht einer Ampel und war arg- und wehrlos. (LG Berlin 26.03.2019 – 251 Js 52/16 532 Ks 9/18).

Niedrige Beweggründe liegen vor, wenn die Tat „mehr als verachtenswert“ erscheint. Dabei muss eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Faktoren stattfinden. (vgl. BGH, Urteil v. 22.03.2017 – 2 StR 656/13). Das Landgericht hat hier insbesondere festgestellt, dass die Täter aus besonders selbstsüchtigen und rücksichtslosen Motiven um jeden Preis gewinnen wollten. Das Handeln „sei nicht einmal ansatzweise menschlich verständlich, hochverwerflich und rechtfertige die Stigmatisierung als Mord“.

Im Berliner-Raserfall bestätigte der BGH (4 StR 482/19), dass der kollidierende Fahrer die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe verwirklichte. Es war zweifellos Mord.

Die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ist bei der Strafhöhe von hoher Relevanz. Für Mord ordnet das Gesetz zwingend eine Freiheitsstrafe an und diese kann lebenslang sein. Für Totschlag wird eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren angedroht. Außerdem gibt es Unterschiede bei der Verjährung. Totschlag verjährt nach 20 Jahren (§ 78 III Nr. 2 StGB). Mord verjährt nie.

(Diesen Beitrag hat unsere geschätzte Praktikantin Aliena Sophie Gust verfasst.)