7. April 2020

Erbschein auch ohne Originaltestament?

Testamente müssen im Original vorlegt werden. Gibt es Ausnahmen? Reicht der Zeugenbeweis?

Wer sich darauf berufen möchte, von einem Verstorbenen testamentarisch als Erbe eingesetzt worden zu sein, muss das ihn begünstigende Testament vorlegen, und zwar grundsätzlich im Original. Im Allgemeinen erhält er nur dann einen Erbschein gemäß Inhalt des Testamentes.

Aber kein Grundsatz ohne Ausnahme. Ist die Testamentsurkunde nicht mehr auffindbar, bedeutet das nicht automatisch, dass die Erbeinsetzung ungültig ist. Es besteht vielmehr noch die Möglichkeit, eine wirksame Errichtung des Testamentes mit anderen Beweismitteln zu dokumentieren. Aufgrund der Unauffindbarkeit wird auch nicht etwa per se vermutet, dass der Erblasser das Testament vernichtet und damit widerrufen hat.

So jüngst vom Oberlandesgericht Köln (Beschluss vom 03.07.2018, Az. 2 Wx 261/18) entschieden. Im zugrundeliegenden Fall beantragte die Tochter nach dem Versterben des Vaters den Erlass eines Erbscheins, welcher sie als Alleinerbin ausweist. Sie beruft sich auf ein handschriftliches Testament, welches er im Beisein zweier Zeugen erstellt und in einem Umschlag in einer Schublade aufbewahrt habe. Nach seinem Tode habe sie dort auch das Kuvert vorgefunden, aber ohne Inhalt. Die Halbgeschwister sind der Erteilung des Erbscheinss entgegengetreten. Ohne Erfolg. Auf Basis der Aussagen der Zeugen, welchen der Erblasser noch eine Woche vor seinem Tode von dem Testament berichtet hatte, sah das Gericht die Existenz und den Bestand des Testamentes als erwiesen an.

Unter Umständen kann auch die Vorlage einer Kopie oder einer eingescannter Bildkopie eines Testamentes genügen, den Erbnachweis zu führen. So in einem vom Oberlandesgericht Brandenburg (Beschluss vom 05.09.2019, Az. 3 Wx 70/18) entschiedenen Fall.

Um dem Problem des Nichtauffindens des Testamentes vorzubeugen, ist aber nahezulegen, dieses in öffentliche Verwahrung beim Nachlassgericht zu geben oder bei einem Notar zu errichten. Auf diesem Wege ist sichergestellt, dass später das Testament zur Geltung gelangt.