20. April 2020

Die Haftung Minderjähriger im Straßenverkehr

Können Kinder für einen Schaden, den sie verursachen, haftbar gemacht werden oder haften gar Eltern für ihre Kinder?

Ein Unfall ist schnell passiert. Leider auch häufig mit Beteiligung von Minderjährigen und Kindern. Laut Statistik kam im Jahr 2018 durchschnittlich alle 18 Minuten ein Kind im Alter von unter 15 Jahren im Straßenverkehr zu Schaden. Insgesamt waren es 29.213 Kinder, die im Jahr 2018 auf Deutschlands Straßen verunglückten (Quellen: Deutscher Verkehrssicherheitsrat, Destatis).

Im deutschen Deliktsrecht haftet grundsätzlich derjenige, der den Unfall verschuldet bzw. verursacht hat. Doch:

Wie sieht es aus, wenn das Kind den Unfall verursacht hat:

Nach § 828 Abs. 1 BGB haftet ein Kind, das das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für einen Schaden, den es einem anderen zufügt nicht – ohne Ausnahme.

Gemäß Absatz 3 dieser Norm haften Kinder zwischen 7 und 18 Jahren dann nicht, wenn sie bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatten.

Eine Sonderregelung gibt es u.a. für den Straßenverkehr in § 828 Abs. 2 BGB:
Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, haftet bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug nicht, es sei denn, er hat die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt.

Es handelt sich hierbei um eine Privilegierung der Kinder im Straßenverkehr, um der Schnelligkeit des Verkehrs und der Unerfahrenheit der Kinder Rechnung zu tragen. Durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs kann schnell eine typische Überforderungssituation des Kindes vorliegen.

Eltern haften für Ihre Kinder?

Geschädigte können aber evtl. trotzdem Schadensersatzansprüche durchsetzen, nämlich gegen die Eltern des Kindes, sofern diese ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Angesichts der Gefahren im Straßenverkehr sollte eine strenge Aufsichtspflicht gegenüber Kindern selbstverständlich sein. Dazu gehört auch eine Belehrung über Verkehrsregeln und –gefahren und als ein „Training“, damit Kinder sich mit der Verkehrsstrecke und der Verkehrssituation vertraut machen können.

Allerdings ist auch zu beachten, dass der Haftungsausschluss der Kinder nicht automatisch immer zu einer Haftung der Eltern führt. Welcher Maßstab letztlich an die Aufsichtspflicht der Eltern zu stellen ist, hängt stets vom Gefahrenpotential im Einzelfall ab, also z.B. von der Art der Verkehrswege und der Gewöhnung der Kinder an den Straßenverkehr. So ist natürlich an Hauptstraßen eine andere Sorgfalt gefragt als in Spielstraßen, der vertraute Schulweg ist wiederum anders zu beurteilen als fremde Strecken. Insofern kann auch ein selbständiges Fahren ohne Begleitung in Ordnung sein.

Einen Unfall mit Beteiligung eines Kindes wünscht sich niemand, umso wichtiger ist es, keine Fehler bei der Aufarbeitung des Unfalls zu begehen. Wir unterstützen Sie dabei!

Henning Doth
Rechtsanwalt (mit Tätigkeitsschwerpunkt im Verkehrsrecht)