2. Juli 2021

Der Regress des Reiseversicherers gegenüber dem Reiseveranstalter

Oftmals erschließt sich der Sinn oder praktische Nutzen gerichtlicher Entscheidungen nicht immer, erst recht für juristische Laien. So mag es Vielen auch bei einer im April verkündeten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 21.4.2021 – IV ZR 169/20) ergangen sein. Dort hat das Gericht eine in Rechtsprechung und Literatur bislang umstrittene Rechtsfrage geklärt, nämlich dass es sich bei Reiseversicherung um eine sog. Schadenversicherung handelt.

Was auf den ersten Blick wie eine theoretische Denksportaufgabe für Juristen wirken mag, hat tatsächlich einen konkreten und aktuellen Anwendungsbereich. Denn nicht zuletzt in der Corona-Krise haben viele Reiseversicherer sich auf den Standpunkt gestellt, bei der Stornierung einer Reise, z.B. wegen einer unerwartet schweren Erkrankung, nicht eintrittspflichtig zu sein; vielmehr müsse sich der Versicherungsnehmer an den Reiseveranstalter halten.

Mit dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist aber nun geklärt, dass Ansprüche des Versicherungsnehmers gegenüber dem Reiseveranstalter gemäß § 86 VVG kraft Gesetzes auf den Versicherer übergehen, soweit dieser Leistungen erbracht hat. Insofern kann der Reiseversicherer Regress beim Reiseveranstalter nehmen und kann z.B. überhöhte Stornierungskosten zurückfordern. Dies wäre hingegen nicht möglich, wenn die Reiseversicherung nicht als Schaden, sondern als Summenversicherung anzusehen wäre (so z.B. das Landgericht München I).

Aus unserer Sicht ist diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein wichtiges Argument für Versicherungsnehmer, um zu verhindern, dass der Reiseversicherer Risiken vollständig oder auch nur teilweise auf den Versicherungsnehmer abwälzt. Denn der Versicherer wird in die Lage versetzt, Ansprüche im eigenen Namen gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen.