9. Dezember 2020

Der Bauträgervertrag: Kein ganz normaler Kaufvertrag

Probleme bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums

Viele Käufer kaufen durch einen notariellen Kaufvertrag eine Wohnung, ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte, die noch nicht  hergestellt ist. Dabei kann es sich je nach Baufortschritt um einen Rohbau handeln oder auch um eine Immobilie, die bislang lediglich im Prospekt existiert, weil der Bau noch gar nicht begonnen wurde.

„Kauf vom Reißbrett“

In solchen Fällen spricht man von einem „Kauf vom Reißbrett“. Rechtlich handelt es sich um einen Bauträgervertrag, also eine Mischung zwischen Kauf- und Werkvertrag. Der Verkäufer verschafft Eigentum an einem Grundstück (Miteigentumsanteil in Verbindung mit z.B. einer Wohnung) und an einem Werk, also der herzustellenden Wohnung. Damit der Käufer genau weiß, wie seine Wohnung aussehen wird, ist es unerlässlich, dass die Baubeschreibung ebenfalls beurkundet wird. Darüber hinaus hat die Makler- und Bauträgerverordnung (kurz „MaBV“) gewisse Schutzvorschriften für Käufer normiert, die z.B. eine Zahlung von Raten nur nach Baufortschritt vorsehen.

Besondere Herausforderung: Abnahme des Gemeinschaftseigentums

Eine besondere Herausforderung stellt bei größeren Einheiten die Abnahme des Gemeinschafts-eigentums dar, wenn Käufer erst zu einem Zeitpunkt kaufen, an dem das Objekt schon fertig gestellt ist und die Gemeinschaftsanlagen (also die Grünflächen, das Treppenhaus etc.) bereits abgenommen wurden. Zum Teil wird in den betreffenden notariellen Kaufverträgen noch immer eine Abnahmevollmacht für den ersten Verwalter  aufgenommen oder der Käufer genehmigt in dem Kaufvertrag die Abnahme. Bei diesen Klauseln handelt es sich rechtlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (Formularvertrag), die einer besonders strengen Prüfung unterliegen.  Die Abnahme durch den vom Bauträger bestellten Erstverwalter ist ggü. dem späteren  Käufer nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung unwirksam. Dies gilt nach einem Beschluss des OLG München v. 09.04.2018 (13 U 4710/16) auch dann, wenn ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger hinzugezogen wurde.

Jeder Käufer muss Gelegenheit zur Prüfung haben

Jeder Käufer muss das Recht erhalten, das Gemeinschaftseigentum abzunehmen und auf Mängel zu überprüfen, auch wenn er als Nachzügler später kauft. Eine generelle Bevollmächtigung in Kaufverträgen ist unzulässig. Die Folge der fehlenden Abnahme kann für den Bauträger gravierend sein, da die Mängelgewährleistungsfrist für diesen Käufer nicht zu laufen beginnt. Es können damit also noch Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend gemacht werden, die länger zurück liegen. Ob ggf. eine konkludente Abnahme, also durch Ingebrauchnahme und schlüssiges Handeln in Betracht kommt, ist von Fall zu Fall zu werten. Für beide Vertragsparteien, Käufer und Bauträger empfiehlt es sich deshalb, sich genau darüber im Klaren zu sein, wann und mit welchen Folgen die Abnahme erfolgt (ist).