13. April 2020

Corona-Kurzarbeit und Unterhaltspflicht

Kein oder weniger Geld in der Krise - kann ich den Unterhalt kürzen?

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise ist in vielen Geschäftsfeldern Kurzarbeit angesagt. Manch Selbständiger hat plötzlich überhaupt keine Einnahmen mehr. Wenn in dieser Situation Unterhalt für Kinder, Ehepartner oder Eltern zu leisten ist, stößt man schnell an Grenzen. Das Geld reicht nicht, entweder Unterhalt oder Miete. Es stellt sich die Frage, ob man während der Zeit des Verdienstausfalles oder von Kurzarbeit die Zahlung von Unterhalt einstellen oder reduzieren darf.

Ausgangspunkt:

Die Höhe des Unterhaltes bemisst sich regelmäßig nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beteiligten. Beim abhängig Beschäftigten stellt man in der Regel auf den Verdienst der letzten zwölf Monate und beim Selbständigen auf einen etwas längeren Zeitraum, etwa drei Jahre, ab. Daraus leitet man das aktuell und künftig zu erwartende Einkommen ab.

Wenn Sie jetzt plötzlich Ihre Arbeit verlieren, Ihr Geschäft schließen müssen oder bei Kurzarbeit nur noch 60 % bzw. 67 % des bisherigen Verdienstes haben, ist diese Prognose u.U. überholt. Eine Neuberechnung des Unterhaltes kann erforderlich sein. Sie kann im Ergebnis eine Herabsetzung des Unterhaltes rechtfertigen. Einbußen beim Einkommen infolge der Corona-Beschränkungen können sich also auf den Unterhalt auswirken. In welchem Umfang, hängt aber von weiteren Bedingungen ab, kann also nicht verallgemeinernd gesagt werden.

Was müssen Sie in dieser Situation tun? Das hängt u.a. davon ab, ob über den Unterhalt ein vollstreckbarer Unterhaltstitel existiert oder nicht.

Es liegt kein Unterhaltstitel vor:

Liegt ein solcher Titel nicht vor, kann die Unterhaltszahlung einfach angepasst werden. Sinnvoll und anzuregen ist dabei, den jeweiligen Unterhaltsberechtigten ins Boot zu holen, ihm also unter Offenlegung der Umstände die Änderung anzuzeigen. So erhält er die Möglichkeit, im Bedarfsfall ergänzende Leistungen, z.B. Unterhaltsvorschuss, beim Amt zu beantragen.

Es bietet sich aber an, vorher sicherheitshalber von einem Experten ausrechnen zu lassen, in welcher Höhe noch Unterhalt zu leisten ist. Insbesondere, wenn es um Kindesunterhalt geht, da hier verschärfte Anforderungen gelten. So kann bei Unterschreiten des sog. Mindestunterhaltes zu prüfen sein, ob man nicht gehalten ist, selbst von einem Moratorium Gebrauch zu machen, also z.B. seinerseits Zahlungen auf Verbindlichkeiten wie Miete aufzuschieben.

Es existiert ein Unterhaltstitel:

Besteht ein Unterhaltstitel, z.B. in Form einer Jugendamtsurkunde, einer notariellen Vereinbarung oder eines Gerichtsbeschlusses, droht bei Einstellung bzw. Reduzierung der vereinbarten Zahlungen einer Vollstreckung. In diesem Fall ist es geboten, eine mögliche Anpassung der Zahlung von einer Beseitigung oder Änderung des Titels zu flankieren.

Diese Möglichkeit bietet das Gesetz in §§ 238, 239 FamFG. Bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse, welche der Schaffung des Titels zugrunde lagen, kann dessen Anpassung beansprucht werden.

Erforderlich ist im Allgemeinen, dass es sich um eine wesentliche und nachhaltige Änderung handelt. Die Wesentlichkeitsgrenze ist in der Regel erreicht, wenn sich der Unterhalt um mehr als 10 % reduziert. Nachhaltigkeit bedingt, dass die Minderung des Einkommens über längere Zeit anhält, sodass es dem Unterhaltspflichtigen nicht zumutbar ist, diesen Zeitraum zu überbrücken. In der Regel geht man an sich – beim Angestellten – davon aus, dass die Einbußen absehbar mehr als 2 bis 3 Monate andauern müssen. Wie aber, wenn – wie aktuell – niemand verlässlich absehen kann, wie lange die Pandemie-Einschränkungen die Arbeitswelt noch beherrschen? Ich meine, hier wird man durchaus frühzeitiger eine Anpassung geltend machen können. Es kommt aber stets auf den konkreten Einzelfall an.

Sinnvoll ist auf jeden Fall, frühzeitig an den Unterhaltsberechtigten heranzutreten und unter Darlegung der Einkommenseinbußen eine Anpassung der Unterhaltsregelung zu verfolgen, einhergehend mit einem zumindest vorläufigen Verzicht auf eine Vollstreckung aus dem bisherigen Titel. Vielfach wird man sicher zu einer vernünftigen Übereinkunft kommen können. Sollte eine solche nicht vermittelbar sein, bliebe nur ein Abänderungsantrag an das Familiengericht.

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