27. April 2020

Vorsorgevollmacht: Wann droht eine Kontrollbetreuung?

Eine notarielle Vorsorgevollmacht soll im Krisenfall die Handlungsfähigkeit sicherstellen. Lesen Sie hier, wann eine Kontrollbetreuung erfolgt.

Nicht erst seit der C-Krise gilt die notarielle Vorsorgevollmacht als wichtiger Baustein der persönlichen Absicherung vor Schicksalsschlägen. Denn wer handlungsunfähig wird, bedarf eines Betreuers, der vom Gericht zu bestellen ist. Ist allerdings eine Vorsorgevollmacht erteilt worden, ist die Betreuungsbestellung regelmäßig entbehrlich – aber eben nicht immer.

Schreckgespenst Kontrollbetreuung

Das Betreuungsgericht könnte den Bevollmächtigten über eine Kontrollbetreuung an die Kette legen. Für jeden Bevollmächtigten, der nach bestem Wissen und Gewissen handelt, wäre das eine schauderhafte Vorstellung. Und jedem Vollmachtgeber würde die Vorsorgevollmacht als weitgehend witzlos vorkommen. Um das Risiko richtig einzuschätzen, muss man folgendes wissen: Eine Kontrollbetreuung kommt überhaupt erst in Betracht, wenn der Vollmachtgeber selbst eine Kontrolle nicht mehr ausüben kann, z.B. weil er dement ist. Ist der Vollmachtgeber geschäftsunfähig, könnte er nicht den Widerruf der Vorsorgevollmacht erklären. Wäre er körperlich behindert, könnte er nicht verhindern, dass der Bevollmächtigte mit der Ausfertigung Dinge tut, die er nicht will.

Weitere Voraussetzung: Erforderlichkeit

Das Betreuungsgericht kann aber nicht aus Jux und Dollerei einfach mal so einen Kontrollbetreuer bestellen. Zum einen muss der Wille des Vollmachtgebers berücksichtigt werden. Zum anderen muss sie erforderlich sein, d.h. es muss der konkrete Verdacht bestehen, dass der Bevollmächtigte dem Betreuungsbedarf nicht Genüge tut. Beispiele: Der Bevollmächtigte ist überfordert. Oder es bestehen Bedenken gegen seine Redlichkeit .

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 08.01.2020 (XII ZB 368/19) in einem Fall, wo u.a. die bevollmächtigte Tochter Schenkungen aus dem Vermögen ihrer demenzerkrankten Mutter vorgenommen hatte, die Bestellung der Kontrollbetreuung abgelehnt. Denn die Geschenke hätten dem Wunsch der Mutter entsprochen. Bei einem solchen „Wunsch“ komme es nicht auf die Geschäftsfähigkeit an. Mit anderen Worten: Auch der/die Geschäftsunfähige kann etwas gut finden – und dann soll es so sein.

Umfang der Kontrollbetreuung

Zu einem etwaigen Aufgabenkreis des Kontrollbetreuers hat der BGH ein abgestuftes, sich in der Intensität steigerndes Maßnahmenpaket festgelegt: Zunächst soll der Kontrollbetreuer auf den Bevollmächtigten positiv einwirken, z.B. durch Auskunftsverlangen und Rechenschaftslegung. Wenn das nicht fruchtet, kommt als letzter Ausweg eine Ermächtigung zum Widerruf der Vollmacht in Betracht. Dann müsse aber schon eine erhebliche Verletzung des Wohls der Vollmachtgeberin drohen.

Fazit:

Angesichts dieser restriktiven Rechtsprechung muss man als Vollmachtgeber die Kontrollbetreuung nicht als Gängelung fürchten. Im Gegenteil. Denn wenn sie ausnahmsweise erfolgen soll, würde sie dem eigenen Schutz dienen und den Bevollmächtigten wieder auf die richtige Spur bringen. Für den Bevollmächtigten ist das Damoklesschwert der Kontrollbetreuung Motivation, gar nicht erst von der Spur abzuweichen.

Arnim Buck
Rechtsanwalt und Notar