29. September 2021

Sittenwidrige Erbeinsetzung eines Berufsbetreuers

In der Wahl seines späteren Erben ist jeder frei. Was ist aber, wenn diese Auswahl unter dem Einfluss anderer Personen steht, welche ein Eigeninteresse verfolgen. Im familiären Kreis wird gelegentlich um die Gunst des Testierenden gebuhlt, was aber eher moralisch zu hinterfragen ist und selten justiziabel wird. Ein Testament kann aber sittenwidrig sein, wenn ein Berufsbetreuer seine Stellung und seinen Einfluss auf den Betreuten nutzt und gezielt auf ihn einwirkt, sich oder nahestehende Personen zu bedenken.

Berufsbetreuerin sollte 350.000 € erben

So geschehen in einem Fall, über welchen das OLG Celle zu befinden hatte. Für einen damals 85-jährigen Mann, welcher nach einem Schlaganfall pflege- und betreuungsbedürftig geworden ist, wurde eine Berufsbetreuerin bestellt. Ihr wurde u.a. die Aufgabe übertragen, die Gesundheits- und Vermögensangelegenheiten des Mannes zu besorgen. Wenige Monate nach Einrichtung der Betreuung bestellte die Berufsbetreuerin einen Notar in das Pflegeheim ein, nachdem sie den Betreuten davon überzeugt hatte, sie zur Erbin seines Vermögens, immerhin etwa 350.000 €, einzusetzen. Im Beisein der Betreuerin wurde vom Notar das Testament aufgenommen. Nach dem Tode des Mannes, welcher keine nahen Angehörigen hinterlassen hat, beanspruchte die Betreuerin das Vermögen für sich.

Testament sittenwidrig

Zu Unrecht, wie das OLG Celle (Urt. v. 07.01.2021, Az.: 6 U 22/20) befand. Zwar fehle es an einer gesetzlichen Regelung, dass Zuwendungen des Betreuten an den Betreuer nicht oder nur eingeschränkt statthaft sind. So wie es z.B. für Heimmitarbeiter gilt, welchen es grundsätzlich verboten ist, sich Geschenke oder letztwillige Zuwendungen gewähren zu lassen. Den Grundsätzen des Betreuungsrechts sei aber immanent, dass es das Gesetz als sittenwidrig missbilligt, wenn ein Betreuer seine ihm gerichtlich verliehene Vertrauensstellung und den hieraus erwachsenden persönlichen Einfluss dazu benutzt, auf eine Testierung zu seinen Gunsten hinzuwirken. Weitere Umstände, u.a. das Verschweigen gegenüber dem Gericht, machten das Testament aber aus Sicht des Gerichtes sittenwidrig gemäß § 138 BGB und damit unwirksam.

Unser Praxistipp

Berufsbetreuern generell Misstrauen entgegenzubringen, ist ganz sicher nicht gerechtfertigt. Wenn man aber der Einrichtung einer solchen Betreuung vorbeugen möchte, bietet es sich an, rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Es kann in Form der Errichtung einer Vorsorgevollmacht zugunsten einer vertrauten Person erfolgen. Sie verhindert im Allgemeinen eine spätere Betreuerbestellung und legt die eigene Vertretung in selbst gewählte vertrauensvolle Hände. Sprechen Sie uns hierzu gern an.