Kürzung des Selbstbehaltes beim Kindesunterhalt
Eltern sind gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig. Nach einer Trennung hat der Elternteil, bei welchem die Kinder nicht ihren Lebensmittelpunkt haben, den Unterhalt in Geld, also Barunterhalt, zu leisten. Die Höhe richtet sich nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen.
Mindestunterhalt „heilig“
Beim Unterhalt für minderjährige Kinder gilt eine verschärfte Haftung und gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Kinder haben im Regelfall keine Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Sie verdienen kein Geld. Dafür haben die Eltern einzustehen. Sie müssen alle Anstrengungen unternehmen, quasi „das letzte Hemd hergeben“, um wenigstens den sog. Mindestunterhalt zahlen zu können.
Dieser Mindestunterhalt entspricht dem Betrag in der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle, welche regelmäßig als Orientierung und Hilfsmittel bei der Festsetzung des Unterhaltes herangezogen wird. Für ein 10-jähriges Kind beträgt zum Beispiel der Zahlbetrag (nach Abzug des hälftigen Kindergeldes) aktuell 426,50 EUR im Monat.
Im Ausgangspunkt wird von der Rechtsprechung vermutet, dass man bei ausreichenden Anstrengungen – gegebenenfalls auch mit Ausübung einer Nebentätigkeit – in der Lage ist, ein Unterhalt in dieser Höhe zu leisten. Die Beweislast dafür, dass dem doch nicht so ist, liegt dabei komplett beim Unterhaltspflichtigen.
Grenze: Leistungsfähigkeit
Dem Unterhaltspflichtigen muss aber so viel vom Einkommen verbleiben, dass es zum Bestreiten des eigenen Unterhaltes genügt. Ihm ist also ein gewisser Eigenbedarf zu belassen, der sog. „Selbstbehalt“. Dieser beläuft sich aktuell für den erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf 1.450,00 EUR im Monat.
Sonderfall: Ersparnis durch gemeinsamen Haushalt
Dieser Betrag ist aber nicht in Stein gemeißelt. Im Lichte der strengen Haftung ist, wenn der Selbstbehalt bei Zahlung des vollen Mindestunterhaltes unterschritten wäre, immer zu schauen, ob der Selbstbehalt tatsächlich benötigt wird. Lebt der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen, wird an dieser Stelle häufig die hiermit einhergehende sog. „häusliche Ersparnis“ ins Feld geführt. Gemeint ist damit, dass sich der Partner mit eigenem Einkommen an den laufenden Kosten (Miete, Strom etc.) beteiligt, also der Pflichtige nur einen geringeren Teil seines Einkommens hierfür benötigt.
Gefestigte Rechtsprechung ist, dass der Selbstbehalt hier gekürzt werden kann, in etwa um 10 %. Möchte sich der Unterhaltspflichtige dagegen wenden, muss er im Einzelnen darlegen und beweisen, dass in Wirklichkeit keine Ersparnis zu verzeichnen ist.
Allerdings: Keine Kürzung des Selbstbehaltes bei bloßer Wohngemeinschaft
Strittig ist, ob eine solche bei einer neuen Ehe oder Lebensgemeinschaft anerkannte Reduzierung des Selbstbehaltes auch bei einer bloßen Wohn- oder Haushaltsgemeinschaft mit einem Dritten vorzunehmen ist. Dem hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 20.11.2024, Az.: XII ZB 78/24) eine Absage erteilt.
In dem entschiedenen Fall war die unterhaltspflichtige Mutter in ihrem Beruf in Vollzeit tätig. Das (angemessene) Einkommen genügt aber nicht, um den vollen Mindestunterhalt für beide Kinder, welche beim Vater lebten, zu zahlen. Nach der Trennung hatte sie ihre aus der Ukraine geflüchtete Mutter in ihren Haushalt aufgenommen. Unter Verweis hierauf wollte der geschiedene Ehemann als Vertreter der Kinder eine Herabsetzung des Selbstbehaltes und die Zahlung des vollen Mindestunterhaltes durchsetzen.
Fazit
Mit der Entscheidung des BGH scheint geklärt, dass nicht jede Wohngemeinschaft eine Herabsetzung des Selbstbehaltes eröffnet. Außerhalb einer Lebensgemeinschaft kann dem jetzt gut entgegentreten werden.
Ansonsten bleibt es Sache des Unterhaltspflichtigen, die Wohn- und Lebenshaltungskosten detailliert aufzubereiten und damit aufzuzeigen, dass es ob der Höhe der Kosten keine Ersparnis gibt.