13. Dezember 2020

Kindesunterhalt bei Spitzenverdiener

Düsseldorfer Tabelle kann bei höherem Einkommen im Einzelfall fortgeschrieben werden.

Wenn Unterhalt für Kinder zu entrichten ist, richtet sich dies im Allgemeinen nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Tabelle dient als Maßstab zur Berechnung des Unterhaltes. Ihr kommt zwar keine Gesetzeskraft zu. Sie gilt aber als Richtlinie und wird auch von den Gerichten herangezogen. Die Bedarfssätze laut Tabelle orientieren sich am sog. Mindestunterhalt.

Welcher Unterhalt genau zu leisten ist, hängt vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen ab. Die Düsseldorfer Tabelle kennt 10 Einkommensgruppen, wobei die höchste bei einem Einkommen von 5.101,00 € – 5.500,00 € greift. Von Gruppe zu Gruppe erhöht sich der Prozentsatz, welcher vom Mindestunterhalt – abzüglich hälftiges Kindergeld – zu leisten ist.

Was aber gilt, wenn sich der Verdienst des unterhaltspflichtigen Elternteils oberhalb des Einkommens der höchsten Einkommensgruppe bewegt?

Bisher: konkrete Bedarfsermittlung notwendig:

Der (Unterhalts-) Bedarf des Kindes richtet sich nach den Einkommens-und Vermögensverhältnissen seiner Eltern, von welchen es seine Lebensstellung ableitet. Der Unterhalt dient dabei dem Bestreiten der hieraus erwachsenden Bedürfnisse, nicht aber der Vermögensbildung oder bloßen Teilhabe am „Luxus“ der Eltern.

Mit diesem Verständnis wurde es bisher vom BGH nicht für sachgerecht erachtet, die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle bei höheren Einkommen fortzuschreiben. Die Tabelle sei nur auf „Normalfälle“ in den dort ausgewiesenen Einkommensspannen konzipiert. Grundsätzlich wurde also der allgemeine Unterhaltsbedarf auf die Bedarfssätze der 10. Einkommensgruppe eingefroren. Darüber hinausgehende Bedürfnisse, welche sich gerade wegen besserer finanzieller Ausstattung der Familie entwickelt haben, z.B. Kosten für teuren Klavierunterricht oder Reitsport etc., waren vielmehr im Einzelnen darzulegen. Es wurde also eine sog. konkrete Bedarfsermittlung gefordert.

Neu: einzelfallabhängig Fortschreibung Düsseldorfer Tabelle möglich

In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH (Beschluss vom 16.09.2020 – XII ZB 499/19) jetzt in teilweiser Änderung seiner Rechtsprechung festgehalten, dass eine Fortschreibung der Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle in Betracht kommt. Und zwar bis zu einem Einkommen, welches dem Doppelten der höchsten Einkommensgruppe entspricht.

Über die Bemessung des Unterhaltes selbst hatte der BGH noch nicht zu befinden. Gegenständlich war zunächst nur ein Auskunftsbegehren des Kindes gegenüber dem gut verdienenden Vater. Er hatte sich unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung zur Zahlung des Höchstbetrages laut Düsseldorfer Tabelle verpflichtet und gemeint, auf eine genauere Einkommensauskunft komme es nicht an. Dem liegt die – dem Grunde nach zutreffende – Überlegung zugrunde, dass Auskunft dann nicht geschuldet ist, wenn sie für die Bezifferung tatsächlich irrelevant ist.

Letzteres hat das Gericht aber mit obigen Erwägungen verneint. Für die Frage der konkreten Fortschreibung der Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle mache es einen erheblichen Unterschied, ob der Unterhaltspflichtige nur etwas mehr als die 5.500,00 € verdient oder deutlich darüber, ob also beispielhaft 6.000,00 € oder 30.000,00 € netto im Monat.

Fazit:

Die Entscheidung des BGH könnte durchaus weitreichende Folgen für unterhaltspflichtige Spitzenverdiener haben. Es kann Kindern mit gut verdienenden Elternteilen die Möglichkeit eröffnen, künftig einen höheren Unterhalt zu erhalten. Es bietet sich in jedem Fall an, einmal eine Überprüfung des Unterhaltes zu veranlassen.

Sollten Sie eine solche Überprüfung in Ihrer konkreten Situation benötigen oder sonst Fragen zu diesem Themenkomplex haben, stehen wir Ihnen gern zur Seite.