Elternunterhalt: Wann müssen Kinder für ihre Eltern zahlen?
Wenn Eltern pflegebedürftig werden und die eigenen finanziellen Mittel nicht ausreichen, stellt sich oft die Frage: Müssen die Kinder einspringen? Der sogenannte Elternunterhalt sorgt regelmäßig für Verunsicherung – vor allem dann, wenn das Sozialamt sich meldet und finanzielle Unterstützung einfordert.
Dem Grunde nach unterhaltspflichtig
Im Ausgangspunkt ist die aufgeworfene Frage klar zu beantworten: Ja. Das Gesetz ist hier eindeutig. § 1601 BGB lautet schlicht: „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“
Das gilt also nach oben wie unten. Sind die Eltern bedürftig, können also auch die Kinder ihnen gegenüber unterhaltspflichtig sein. Wobei natürlich vorrangig die Eltern untereinander im Rahmen der Leistung von Familien- und Ehegattenunterhalt in der Pflicht sind. Auch eigenes Vermögen müssen die Eltern erst einmal zum Bestreiten ihrer Bedürfnisse einsetzen, bevor an die Kinder herangetreten werden kann.
Ein Sonderfall stellen hier Rückforderungsansprüche gegenüber den Kindern selbst dar. Wenn die Eltern, z.B. mit steuerrechtlichen Motiven, ihre Immobilie auf die Kinder übertragen haben. Wenn sie später bedürftig werden, kommt eine Rückforderung wegen „Verarmung“ (§ 528 BGB) in Betracht. Das soll aber nicht Thema dieses Beitrages sein.
Das Sozialamt meldet sich zu Wort
Selten melden Eltern bei ihren Kindern Unterhaltszahlungen an. Klassischerweise kommt das Thema auf, wenn Eltern aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim müssen. Die Kosten hierfür sind enorm. 5.000 Euro im Monat sind keine Seltenheit. Da reichen die eigene Rente und der Zuschuss aus der Pflegeversicherung nicht.
Der Gang zum Sozialamt ist vorprogrammiert. Das Amt ist dann derjenige, welcher an die Kinder herantritt, um zu schauen, ob nicht diese die fehlenden Beträge bereitstellen können.
100.000-Euro-Grenze
Formaljuristisch geht insofern der (mögliche) Unterhaltsanspruch der Eltern auf das Amt über. Allerdings muss dafür erst einmal eine beachtliche Hürde übersprungen werden. Im Zuge des sog. Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde zum Schutz der „Normalverdiener“ eine neue Regelung dergestalt eingeführt, dass der Anspruch nur dann übergeht, wenn das betreffende Kind über ein Jahreseinkommen oberhalb von 100.000 Euro brutto verfügt.
Damit fällt ein Großteil der Kinder raus. Interessant dabei ist, dass grundsätzlich allein auf das Einkommen des betreffenden Kindes abzustellen ist. Dessen Ehepartner, das Schwiegerkind, bleibt bei der Betrachtung der Einkommensgrenze im Regelfall außen vor.
Besserverdiener müssen ran
Im Kern betrifft das Thema Elternunterhalt also die „Besserverdiener“. In der konkreten Berechnung wird es dann komplexer. Die Berechnung ist diffizil. An sich meint die Rechtsprechung zwar, der auf Elternunterhalt in Anspruch genommene soll seine Lebensgestaltung nicht groß einschränken müssen. So richtig konsequent wird es aber nicht durchgehalten.
Bei der Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens ist natürlich erst einmal der Unterhalt vorrangiger Berechtigter, zum Beispiel des sich noch im Studium befindlichen eigenen Kindes, in Abzug zu bringen. Die „Sandwich-Generation“ wird damit etwas geschützt. Auch der Kreditabtrag für das eigene Haus wird gegengerechnet.
Nach Abzug aller Kosten muss dem unterhaltspflichtigen Kind für den eigenen Lebens- und Unterhaltsbedarf ein Grundbetrag verbleiben. Wir sprechen vom sog. Selbstbehalt. Hier gibt es keine ganz klare Regelung. Die Beträge schwanken von Bundesland zu Bundesland. Im Sprengel des OLG Schleswig beläuft sich der Selbstbehalt zum Beispiel auf 2.650 Euro zuzüglich der Hälfte des darüberhinausgehenden Einkommens. Zuletzt waren einige Gerichte bemüht, diesen Eigenbedarf auf netto oberhalb von 5.000 Euro anzusetzen. Dem ist jüngst aber der Bundesgerichtshof (BGH) – zumindest in pauschaler Form – entgegengetreten. Hier bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.
Fazit und weiterführende Informationen
Elternunterhalt betrifft vor allem gutverdienende Kinder – aber auch sie sind nicht automatisch zahlungspflichtig. Wer sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt, kann durch eine kluge Vermögensplanung spätere finanzielle Belastungen vermeiden. Eine rechtzeitige Beratung kann hier sinnvoll sein.
Mehr zu diesem Thema gibt es in der Podcastfolge #69 „Elternunterhalt: Kinder haften für ihre Eltern“. Der Autor dieses Beitrags ist dort zu Gast und vertieft die wichtigsten Aspekte – unter anderem auf Spotify verfügbar.