Die Unterhaltspflicht der Großeltern
Können Großeltern verpflichtet sein, ihren Enkeln Unterhalt zu leisten? Klare Antwort: Ja. In § 1601 BGB lautet es schlicht: „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren“. Das gilt nach oben, wie unten – also auch im Verhältnis zwischen Großeltern und Enkeln
Großeltern nur nachrangig verpflichtet
In erster Linie sind natürlich die Eltern für den Unterhalt der eigenen Kinder verantwortlich. Sind sie nicht in der Lage, diesen zu leisten, z.B. infolge zu geringen Einkommens wegen fehlender oder eingeschränkter Arbeitsfähigkeit oder gar Gefängnisaufenthalt, können die Großeltern in Anspruch genommen werden. Wobei hier die verschärfte Unterhaltshaftung und gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Eltern gegenüber den eigenen Zöglingen zu beachten ist. Gemeint ist, dass unter Umständen nicht nur das tatsächlich erzielte Einkommen, sondern auch (fiktiv) der erzielbare Verdienst herangezogen werden kann
Die vorrangige Unterhaltspflicht betrifft beide Elternteile, also – aus dem Blickwinkel der Großeltern betrachtet – auch die des Schwiegerkindes. In der Praxis taucht das Thema auch regelmäßig erst nach einer Trennung der Kindeseltern auf. Hier wirft man sich dann gern mal die Verletzung der Erwerbsobliegenheit vor, verlangt also die Aufstockung der Arbeitszeit oder ein Wechsel des Arbeitgebers.
Der pauschale Verweis auf den Vorrang der Kindeseltern genügt aber nicht ohne weiteres, eine Heranziehung auf Unterhalt abzuwehren. So hat das OLG Oldenburg, Az. 13 UF 85/21, in seinem Beschluss vom 16.12.2021, die Großeltern wegen eines offenen (Rest-) Unterhaltsbedarf der Enkel als zahlungspflichtig angesehen.
Höherer Selbstbehalt für Großeltern
Mit Unterhalt für die Enkel rechnen Großeltern im Regelfall nicht. Das ist in ihrer Lebensplanung nicht vorgesehen. Dem trägt die Rechtsprechung insofern Rechnung, als ihnen ein höherer Selbstbehalt zugebilligt wird. Das ist der Betrag, welcher monatlich zu belassen ist. Liegt das Einkommen darunter, können sie nicht auf Unterhalt herangezogen werden.
Die Höhe des Selbstbehaltes ist regional unterschiedlich geregelt. In Schleswig-Holstein wird aktuell ein Betrag von netto 2.650 EUR angenommen, wobei auch die Hälfte des darüber hinaus gehenden Betrages ebenfalls zu belassen ist. In Hamburg wird keine konkrete Höhe benannt, es also weitestgehend in das Ermessen des Gerichtes gestellt.
Fazit undTipp
Eine Unterhaltspflicht der Großeltern kommt dem Grunde nach immer in Betracht. Es kann im Fall der Trennung der Kindeseltern daher ein probates Mittel sein, einmal an die Eltern des nicht so recht unterhaltswilligen getrenntlebenden Ex-Partners heranzutreten. Unsere Erfahrung zeigt, dass es „disziplinierend“ wirken kann, wenn die Schwiegereltern erfahren, dass ihr Kind für den Unterhalt der geliebten Enkel nicht einsteht.